Würdet Ihr als Wohnmobil-Camper einen Tramper mitnehmen? Noch dazu einen, der aussieht wie ein Kanarienvogel? Der in einem gelb-roten Overall steckt? Warum es sich lohnen kann, sich auf das kleine Abenteuer einzulassen, hat Stefan Korn in seinem Buch beschrieben.
Mit Wohnmobilfahren hat dieses Buch nun erst mal nichts zu tun.Während wir gerne mit einem kleinen privaten Häuschen herumkutschieren, lassen sich andere lieber mitnehmen. Wobei die Frage ist, ob man so einen bunten Vogel wie den Tramper Stefan Korn tatsächlich mit ins Wohnmobil nehmen würde?
Der Leipziger hat wie viele andere Tramper, die einer Trampervereinigung angehören, die ihren Ursprung in Russland hat, einen Gelb-Roten Overall an. Das ist ein gewissesMarkenzeichen: Wer so unterwegs ist, hat es normalerweise nicht auf das Guthaben von arglosen Autofahrern aus, sondern will möglichst oft und schnell von Ort zu Ort kommen. Man kennt sich in der Szene – das gibt auch den Mitnehmenden eine gewisse Sicherheit.
In drei Tagen nach Lissabon
Dabei ist es durchaus beachtlich, wie weit Korn als Tramper kam. In drei Tagen von Leipzig nach Lissabon, und dann über den Atlantil. Cool, wie er das in seinem Buch „Warm Roads. Was passierte, als ich nach Hause wollte und dafür per Anhalter die Welt umrundete“ beschreibt. Erstaunlich ist aber auch , wo er am Ende gelandet ist: „Ich sitze in einem kleinen Fiat auf der Trans-Amazonica. Wir halten schon das zweite Mal an. Der Motor ist überhitzt. Wasser nachfüllen. Hoffen, dass die Anzeige runtergeht. Der Mann fährt aber auch wie ein Irrer.“
Bereitschaft zu leiden
Wer trampt, muss bereit sein, zu leiden – und es bereitwillig akzeptieren. Es ist eine der wichtigsten Erfahrung, die Stefan Korn macht. 250 000 Kilometer legte, der Arbeitspsychologe in den vergangenen zehn Jahren als Tramper zurück, gut 100 000 davon auf seiner Reise um die Welt. Dabei beschönigt er nichts, keine üblen Übernachtungen neben Müllhaufen oder panischen Momente an einem traumhaften Strand. Oder eben das öde, stundenlange Warten an den Straßen. Weil niemand den Wahl-Leipziger mitnehmen will.
Ein Psychologe analysiert sich selbst
Er packt das alles in eine charmant-selbstironische Schreibe, die selbst dann fesselt, wenn tatsächlich gar nicht so viel passiert an diesem Tag. Dabei kommt dem Autor wohl auch sein Beruf als Psychologe zugute: Der gebürtige Hesse ist nicht nur bereit, die Leser an seinem Gefühlsleben teilhaben zu lassen, sondern auch in der Lage, die vielen widersprüchlichen Emotionen nachvollziehbar zu formulieren. Ein schönes Buch zum Schmökern nach einem Tag mit vielen Fahrkilometern – oder wenn auf einem Abschnitt mit dem Camper der ein oder andere gelb-rote „Kanarienvogel“ tatsächlich am Straßenrand stand.
Stefan Korn. Warm Roads. Was passierte, als ich nach Hause wollte und dafür per Anhalter die Welt umrundete. 304 Seiten mit Fotos und Karten. Knesebeck-Verlag. 18 Euro.
Die Webseite von Stefan Korn hier
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